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Die Hermetische Wissenschaft - Teil 4 von 9
von Dr. Friedrich Demolsky

Das dritte Hermetische Gesetz: Das Prinzip der Polarität

Zum besseren Verständnis des geheimnisvollen zweiten Teiles des zweiten hermetischen Gesetzes, Wie die Vorderseite, so die Rückseite, müssen wir uns zuvor mit dem dritten Gesetzes des Gottes Thoth und in weiterer Folge mit der Polarität der Polarität sowie mit dem Gesetz des Ausgleiches beschäftigen. Nur dann, wenn wir diese Gesetzmäßigkeiten verstanden haben, besitzen wir den Schlüssel, der uns einen Zugang zum zweiten Teil des zweiten hermetischen Gesetzes ermöglich.

Das dritte Gesetz des Hermes Trismegistos

unterstellt unser Dasein auf der irdischen Welt und das Sein überhaupt dem Prinzip der Polarität.

Alles, was existiert, existiert als polare Kraft oder Form.

So existiert der Mensch als Mann und als Frau. Die eine Daseinsform bedingt die zu ihr gehörige, gegenpolare Form in dem Maße, dass die singuläre Existenz einer einzelnen Form, Qualität oder Kraft, geradezu denkunmöglich ist. Die Existenz des Mannes bedingt jene der Frau und umgekehrt. Die Existenz der Erde, bedingt jene des Himmels, so wie der Tag die Nacht, und der Krieg den Frieden bedingt.

Drückt man das Wahrgenommenen sprachlich in einem bestimmten Begriff aus, so hat man dadurch auch das polare Gegenteil des verwendeten Begriffes in die Welt gesetzt.

Ordne ich einer Blume das Adjektiv "schön" zu, so bedingt allein das Vorhandensein der Eigenschaft "schön", dass auch eine gegenteilige Qualität existieren muss, das Hässliche nämlich, um dem Begriff "Schönheit" überhaupt Substanz und Sinn zu verleihen.

Das Werturteil "gut" bedingt die synonym verwendeten gegensätzlichen Werturteile "schlecht", "ungut", "böse", und diese bedingen ihrerseits die Existenz des "Guten". Das Helle steht dem Dunklen polar gegenüber, und diese beiden Pole bedingen einander ebenso, wie der Tag die Nacht, die Sonne den Mond, die Ebbe die Flut, und das Relative das Absolute bedingt.

Der Taoismus bezeichnet diese Gegensatzpaare, in denen sich das Sein ausdrückt, mit "Yin" und "Yang".

Die Pole Yin und Yang sind aber nur Abstraktionen jenes Prinzips, und sie stehen synonym für die unzähligen, konkreten Gegensatzpaare, die unsere Realität sowie die Vielzahl der in ihr enthaltenen Dinge und Kräfte gerieren. Diese Vielzahl der Dinge und Kräfte in der Welt der Erscheinungen, die Zehntausend Wesen, wie sie Laotse bezeichnete, entsteht aus der Spannung und Verschmelzung der polaren Kräfte.

Das polare Gegensatzpaar, Mann und Frau, verschmilzt in der sexuellen Vereinigung, und es entsteht dadurch etwas Neues, etwas Drittes: das Kind bzw. die Familie.

Das Kind und gleichwohl die so entstandene Familie sind für sich genommen wieder Pole im Spiel der Polarität. Tun sich zwei oder mehrere Familien zusammen, so kann dies ein Schritt zu weiteren polaren Verschmelzungen sein, aus denen Neues hervorgeht - zB eine Siedlungsgemeinschaft.

Verschmelzen die Pole solcher Gemeinschaften, so entstehen als Drittes vielleicht Dörfer, in weiter Folge vielleicht sogar Städte und Nationen.

Tag und Nacht "berühren" sich, und es entsteht als Drittes die Dämmerung. Warm und Kalt treffen aufeinander, und es entsteht das Laue...

Ich denke, Du hast das dritte Gesetz des Hermes Trismegistos damit begriffen. Lass uns nunmehr ein noch geheimnisvolleres Gesetz betrachten, nämlich das Gesetz der Polarität der Polarität, bevor wir auf den nicht leicht zu fassenden zweiten Teil des zweiten hermetischen Gesetzes 'Wie die Vorderseite, so auch die Rückseite' zurück kommen.
 

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