Im Gegensatz
zu Religion und Schulmedizin, hat der Schamanismus niemals hierarchisch
organisierte Machtstrukturen ausgebildet. Dieser Umstand legt die Annahme eines Mangels
nahe - EINES MANGELS AN BEDARF!
Es gibt
offenbar weltweit KEINEN Bedarf für Schamanen, ihr Wissen, ihre Lehren, ihre
Methoden und Techniken durch halbstaatliche Machtgebilde reglementieren und
verwalten zu lassen. Und es gibt für sie ganz offensichtlich noch weniger
Bedarf, ihre 'Autorität' und 'Fachkompetenz' oder ihre beruflichen Interessen durch
Zwangsmitgliedschaft in 'schamanischen Standesvertretungen' zu schützen. Es
besteht auch kein Bedarf für Schamanen, ihre wirtschaftlichen Interessen
durch ein gesetzlich festgelegtes Behandlungsmonopol absichern zu lassen.
Dieser global
anzutreffende Mangel an Bedarf ist doch sehr interessant, nicht wahr?
Weshalb hatte der Schamanismus bis zum heutigen Tage
keine Veranlassung, seinen Fortbestand und das Wohlergehen seiner Vertreter
durch staatlich anerkannte Organisationsformen oder durch eine gesetzlich
festgeschriebene Monopolstellung abzusichern?
Ungeachtet
zahlreicher Versuche seiner Repression durch Staat und Kirche, hat sich der
Schamanismus seine Unabhängigkeit von
vorgegebenen, standardisierten Glaubensanschauungen sowie staatlicher
Einflussnahme und Kontrolle bis zum heutigen Tage bewahrt.
Die Weltbetrachtung des Schamanen liegt seit Tausenden
Jahren außerhalb der allgemeingültigen Norm seiner Gesellschaft. Der
praktische Nutzen des Schamanismus besteht ja gerade in der Fähigkeit des
Schamanen, absorbierte moralische, sittliche und rechtliche Dogmen sowie
unrichtige Glaubensanschauungen und nutzlose, störende Werte mit
Bildschöpfungen aus
der Tiefe der Seele in Frage zu stellen, sie zu erschüttern und dort zu
eliminieren, wo sie zu finden sind – im Mindset seines vorwiegend von Staat
und Kirche konditionierten Klientel.
Vor diesem
Hintergrund nimmt es nicht wunder, dass es weltweit auch KEINE genormte
schamanische Heilbehandlung gibt. Es gibt weder eine 0815-Methode, noch eine
DIN (Deutsche Industrie Norm), welche schamanische Dienstleistungen
standardisieren bzw. reglementieren.
Obgleich alle
schamanischen Heilbehandlungen eine nicht zu verkennende inhaltliche
Ähnlichkeit aufweisen, unterscheiden sie sich oft der Form nach ganz
erheblich. Selbst wenn die dabei angewandten Techniken unterschiedlich sind, darf nicht
übersehen werden, dass das
tragende Prinzip des Schamanismus im Zugang zu und im Verkehr mit geistigen
Kräften besteht. Dieses Prinzip ist der gemeinsame Nenner, den wir bei allen schamanischen Heilbehandlungen finden.
Der
Stadtschamane sollte sich deshalb bei der Durchführung von Heilbehandlungen
bewusst sein, dass nicht er es ist, der die Heilung seines Klienten
bewirkt, sondern seine 'Verbündeten', dh jene geistigen Kräfte, die er zu diesem Zwecke angerufen
hat.
Demgegenüber
fungiert der Stadtschamane bloß als Medium, als Mediator zwischen seinem Klienten und der
geistigen Welt. Ob er diese Kräfte nun ‚Spirits’, ‚Krafttier’ oder ‚geistige
Helfer’ nennt, ist völlig unbeachtlich. Die von ihm evozierten Kräfte fließen entweder durch ihn hindurch auf den Patienten, oder sie werden auf
andere Weise auf letzteren übertragen.
Im Gegensatz
zur Schulmedizin, sind es im Schamanismus immer geistige Kräfte, Energien
und/oder Entitäten, welche den Heilungsprozess auslösen. Diese wirken
ausgleichend auf das gestörte energetische System des Individuums.
Wird durch
ihr Eingreifen die Störung im fluidalen, energetischen Bestand des Patienten
behoben und das zuvor aus den Fugen Geratene wieder ins Lot gebracht, dann bewirkt dies auf physiologischer Ebene eine
Kräftigung des
Immunsystems sowie das Wiedererstarken der körpereigenen Selbstheilkräfte.
Gleichzeitig wird dadurch die Fähigkeit des Körpers erhöht, größere
Mengen an Lebenskraft (Prana) für längere Zeit zu speichern. In der Folge
kommt es häufig zu einer erkennbaren Besserung des Befindens, oder – wie wir
es auf Bali seit vielen Jahren beobachten - zur völligen Genesung des
Patienten.
Selbst wenn es
im Rahmen schamanischer Heilbehandlungen überraschend oft zu dauerhaften
Heilungen kommt, gilt ein bekannter Satz Goethes auch für den
Schamanismus und seine Vertreter. Goethe lässt in Faust I den Teufel selbst
zu Wort kommen. Dieser erklärt dem ehrgeizigen Famulus Wagner, der bei ihm
einen Rat betreffend das Studium der Medizin einholt:
„Du studierst die Groß’
und Kleine Welt, um es am Ende geh’n zu lassen, wie’s Gott gefällt“.
Ersetze nun die Worte ‚Groß’ und Kleine Welt’ mit ‚geistige Welt’ und das Wort ‚Gott’ mit
‚den Spirits’, und Du erhältst als Ergebnis eine klare Aussage bezüglich der
natürlichen Grenzen
schamanischer Heilbehandlungen.
Der Umstand,
dass die ursprüngliche Aussage aus dem Munde
des Leibhaftigen kam, ändert nichts an ihrem Wahrheitsgehalt.
Im nächsten
Teil wollen wir uns damit beschäftigen wie man ein Stadtschamane wird. Wir
werden zwei Wege betrachten, die beschritten werden können, um als
Stadtschamane im Westen zu fungieren - einen guten und empfehlenswerten, und
einen weniger guten und nicht empfehlenswerten.
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