Tausende
und Abertausende Jahren vergingen seit der Instrumentalisierung des
Schamanismus in der Jungsteinzeit.
Der Faustkeil hatte längst ausgedient,
denn bessere Werkzeuge und Waffen konnten schon lange aus Bronze und Eisen
geformt werden. Das Rad war längst erfunden, und die einst losen
Gemeischaftsstrukturen unserer ackerbauenden Vorfahren wurden nun allmählich
straffer organisiert.
Im vierten Millennium vor unserer Zeitrechnung,
änderte sich die Denkfähigkeit des Menschen aufgrund der stattgehabten
kulturellen und gesellschaftlichen Weiterentwicklung ganz entscheidend und
damit auch seine Glaubensstruktur.
Die ersten Städte entstanden im Süden Indiens. Hand
in Hand mit dieser Entwicklung wurde ein Kastensystem etabliert, das von der
Priester-Kaste, den Brahmanen, bis auf den heutigen Tage kontrolliert wird.
Die Brahmanen waren es, welche die Naturreligion Animismus zur ersten
polytheistischen Weltreligion hochstilisierten. Der von Südindien ausgehende
Hinduismus verlagerte seinen Schwerpunkt im Laufe der Zeiten in den Norden des
Landes, an den heiligen Fluss Ganges, und hier wiederum in die heiligste Stadt
der hinduistischen Kultur, ins heutige Varanasi (Benares).
Die Geister hinter den Erscheinungen und Kräften der
Natur hatten nunmehr endgültig ausgedient - besser gesagt: sie avancierten
und transmutierten zu den Göttern und Dämonen der ersten Weltreligion. Die
ersten heiligen Schriften entstanden, und die Lehre des Hinduismus wurde in
den Texten der Veden und in den großen Epen des Ramayana, Mahabharata und
insbesondere in der Bagavath Gita niedergeschrieben. Es gibt zahlreiche
Gottheiten im hinduistischen Pantheon, welche wegen ihrer besondere
Eigenschaften – wie seinerzeit die alten
Geister des Animismus –
verehrt, angebetet und besänftigt werden.
Während
der nächsten Jahrtausende, breitete sich der Polytheismus auch in der gesamten
westlichen Hemisphäre aus. Auch dort wurden die Geister des Animismus der
alten Tage abgelöst durch eine Vielzahl von Göttern und Göttinnen, die wir
aus den Totenbüchern Ägyptens, den klassischen Mythen Griechenlands, Roms und
der Germanen kennen, und die wir selbst noch in den Hochkulturen der Inkas und Azteken
in Südamerika finden.
Parallel zu dieser weltumspannenden Entwicklung wurde
aber weiterhin der Schamanismus bis auf den heutigen Tage praktiziert. Die
Hexen und Magier des Mittelalters, die weisen Frauen, die Seher und Heiler,
der Wurzelsepp und das Kräuterweiblein sind seine letzten Repräsentanten in
der aufgeklärten westlichen Zivilisation.
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